Ursachen heutiger Krisen

Die ungebremste und kaum reformierte Fortschreibung des Wachstumsparadigmas von Politik und Wirtschaft als das wesentliche Kernziel moderner Gesellschaften in den letzten ca. 30 – 40 Jahren verschärft viele Krisen, die in ihren komplex vernetzten Wirkungen heute weder von nationaler noch von globaler Politik gelöst werden können. Dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass dieses Prinzip seit Anfang der 1990ziger Jahre auf einen Planeten angewandt wird, der erkennbar endliche physische Ressourcen hat.   

Wesentlich dazu beigetragen haben mit der obigen Zielsetzung eines ständig angestrebten Wachstums u.a.  

  • eine erhebliche Wohlstandsgenerierung aus Naturressourcen ohne Rücksicht auf externalisierte Kosten, Gefahren und zukünftige Risiken. Große Vermögensanteile stecken in inzwischen hochriskanten fossilen Rohstofflagerstätten und den Anlagen zu deren Nutzung. 
  • Die Finanzwirtschaft vieler Staaten wird immer abhängiger von einer zerstörerisch wirkenden und weltweit agierenden Finanzindustrie.
  • Wachstum als Schlüsselziel aller wirtschaftlichen Herausforderungen, das aber letztlich zu immer stärkerer Konzentration von Kapital, ökonomischer und politischer Macht in den Händen weniger führt, wirkt hier als Brandbeschleuniger. Nationale wie globale Politik erscheint heute diesen Prozessen gegenüber eher hilflos.
  • Letztlich werden diese Prozesse mit der Unterstützung des globalen Handels durch die Politik (auch der EU-Kommission) noch gefördert, ohne ausreichend politisch steuernd Einfluss nehmen zu können.
  • Der Einsatz aller verfügbaren modernen Technologien und Kommunikationstechniken beschleunigt diese Entwicklungen ebenfalls extrem stark.       
  • Das ungebremste Wachstum der Bevölkerung in vielen schwach entwickelten Staaten (z.B. in Nigeria) tritt als Problemfaktor für Nahrungsherstellung, Ressourcennutzung und Migration noch hinzu.

Unmittelbare Folgen dieser durch multinationale Politik kaum abmildernd beeinflussten Entwicklungen zeigen sich insbesondere am

  • massiven Einsatz umweltschädigender Technologien in Industrie und Landwirtschaft,
  • fehlendem aktiven Interesse der Wirtschaft an nachhaltiger Produktion und an Produkten mit geringem Verbrauch fossiler Rohstoffen und Ressourcen bzw. der Vermeidung von Abprodukten (Müll, klimaschädliche Gase usw.) und
  • dem Einsatz gesellschaftsschädlicher finanzpolitischer Instrumente in der Finanzwirtschaft und in der aktuellen Politik.

Zu diesen schädlichen Entwicklungen für alle Gesellschaften unseres Planeten treten verschärfend noch die Nachteile eines rasant sich weltweit zuspitzendem persönlichen und gesellschaftlichen Egoismus hinzu.

Wegen geringer politischer Einflussnahme kommt es deshalb 

  • zur ungebremsten Ausnutzung des globalen Wohlstandsgefälles NORD – SÜD, welches mit Freihandelsverträgen weiter zementiert wird und Migration befördert,
  • zur Steuervermeidung mangels global wirksamer Regelungen und
  • zu extremem Überkonsum der Reichen im Verhältnis zu den planetaren Ressourcen (Auswuchs z.B.: Riesenhochhäuser mit irren Mietkosten und extrem großem Ressourceneinsatz).

 

Vor diesem Hintergrund wird die Erkenntnisverweigerung der Gewinner dieser oben dargestellten Prozesse verständlich. Aber mit viel Aufwand und viel Geld gelingt es dieser verhältnismäßig kleinen Gruppe dennoch, diese Erkenntnisverweigerung Teilen der Verlierer in diesen Prozessen ebenfalls einzuimpfen. Günstig ist dafür, dass sie an die „gelernten“ Verhaltensmuster aus der Vergangenheit andocken können, die heute aber systematisch ins Chaos führen. Die Folgen dieses „Weiterso“ werden dramatisch anders sein als z.B. noch vor 50 Jahren.

Denn diese Folgen etablieren sich heute in einem Komplex von Einzelkrisen, die aufeinander wechselwirken:

  • Ökologische Krisen
    • Vernichtung fruchtbarer Böden (50% seit ca. 1850). 
    • Überfischung der Meere (90% Reduktion der Biomasse).
    • Chemische Belastung der Atmosphäre (CO2 u.a.) und Ozeanversauerung, Meeresspiegelanstieg wegen Gletscherschmelze
    • Stickstoff, Phosphor, Herbizide, Biozide, Antibiotika u.a. Schadstoffe in Biosphäre, Flüssen und Ozeanen.
    • Zunehmende Klima-Instabilität (häufigerer Extremwetter, Erwärmung der Atmosphäre in Richtung Heißzeit über die natürlichen Schwankungszyklen von Sonnenaktivität, Bahnexzentrität der Erde, Kreiselpräzession der Erde u.a. hinaus).
    • Vernichtung wertvoller Waldbestände weltweit (z.B. in Brasilien und Indonesien).
    • 6. Großes Artensterben auf dem Planeten.
  • Krisen des globalen Kapitalismus und der Volkswirtschaften
    • Dominanz des Finanzkapitalismus (Spekulation; Shareholder-Value; Finanzialisierung, Deregulierung).
    • Ungesteuerter Kapitalfluss und Freihandel stärkt die Starken und schwächt die Schwachen.
    • Fehlende globale Kontrolle von Handel, Wirtschaft und Finanzen.
    • Schädliche Lösungsstrategien (weitere Deregulierung)
    • Globaler Handel verschärft den Wettbewerbsdruck zu Lasten der Umwelt und der Menschen im Arbeits- bzw. Produktionsprozess, da externalisierte Umweltkosten nicht im Handel beachtet werden (z.B. Wasserübernutzung in Trockengebieten, Zerstörung von Habitaten und Ökosystemen, Schleifen des Vorsorgeprinzips bei neuen Technologien und Stoffen).  
  • Soziale und gesellschaftliche Krisen
    • Regionale Ernährungsprobleme (zunehmende Konkurrenz von Landnutzung für Nahrung (bald > 8 Mrd. Menschen), biologische oder solare Energiegewinnung).
    • Lebensraumvernichtung (Meeresspiegelanstieg, Nahrungsmangel, Hitze) mit der Folge zunehmender Umweltmigration.
    • Digitale Revolution der Gesellschaften mit enormer Zerstörungskraft für viele herkömmliche Wirtschaftsformen, bisher benötigte Arbeitstätigkeiten und bekannte Geschäftsideen. 

Letztlich erzeugen all diese krisenhaften Entwicklungen in allen Gesellschaften ein Gefühl der Hilflosigkeit, Überforderung und Zukunftsangst insbesondere bei denen, die auf diese massiven Veränderungen ihres gewohnten Umfeldes nicht ausreichend aktiv reagieren können (z.B. fehlende Mittel für technische Schutzmaßnahmen, Wohnortwechsel, Fortbildung, Berufswechsel u.a. Verhaltensanpassungen).

Diejenigen, die über die erforderlichen Mittel (zumindest für die überschaubare Zukunft) verfügen, setzen alle Mittel und Hebel in Bewegung, um den Status quo zu erhalten. Diese Situation führt letztlich zur Spaltung der Gesellschaften auf nationaler wie internationaler Ebene je nach Interessenlage und Vorstellung von möglichen Lösungsansätzen.

Die Politik ist allerdings inzwischen zu oft national, europäisch wie global Spielball dieser Entwicklungen.       

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